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Finca oder Ferienhaus? Was eine echte Finca auf Teneriffa wirklich ist
Wer sich auf Teneriffa ein wenig umhört, wird schnell auf Menschen treffen, die stolz von ihrer „Finca“ erzählen – meist bei einem Glas Weißwein in gepflegtem Gartenambiente, mit Blick aufs Meer und den Teide.
Doch nicht jede Immobilie mit Zitronenbaum und Lavasteinmauer ist gleich eine Finca. Zwischen romantischer Vorstellung, sprachlicher Großzügigkeit und landwirtschaftlicher Realität liegen Welten.
Zeit also, einmal nachzuspüren: Was ist eigentlich eine echte Finca – und was macht sie (noch) aus?
Veröffentlicht am 14.06.2025 | © 2025 H. M@tlik
Finca: Herkunft eines vielgenutzten Begriffs
Das Wort Finca stammt aus dem Spanischen und bedeutet ursprünglich schlicht „Grundstück“ oder „landwirtschaftlicher Besitz“. In Spanien – und insbesondere auf den Kanarischen Inseln – bezeichnet eine finca rústica traditionell ein landwirtschaftlich genutztes Anwesen auf dem Land, oft verbunden mit Weinbau, Olivenhainen, Gemüseanbau oder Tierhaltung.
Wer also heute von seiner „Finca mit Pool“ spricht, meint häufig schlicht ein Ferienhäuschen im Grünen. Nicht falsch – aber mit einer traditionellen Finca im historischen Sinne hat das meist nicht viel zu tun.
Was eine echte Finca ausmacht
Lage, Lage, Lage – aber ländlich
Eine Finca liegt in der Regel abseits urbaner Infrastruktur. Häufig in hügeligem Terrain, schwer zugänglich, mit Feldwegen statt asphaltierter Straßen. Wer wirklich Finca sagt und Finca meint, lebt mit Nachbarn aus Federvieh, nicht aus Beton.
Rustikale Bausubstanz
Ursprüngliche Fincas bestehen aus Naturmaterialien wie Lavastein, Holz und Lehm. Massive Mauern schützen vor Hitze und Wind, das Dach aus traditionellen Ziegeln trotzt dem Klima. Modernisierung ist erlaubt, aber bitte mit Feingefühl – zu viel polierter Granitboden und Whirlpool auf dem Dach passen selten ins Bild.
Größe und Nutzung
Eine Finca umfasst typischerweise ein größeres Grundstück – manchmal mehrere Hektar – und wird landwirtschaftlich genutzt. Von kleinen Bananenplantagen bis zur Olivenölproduktion ist vieles möglich. Wichtig: Der wirtschaftliche Zweck steht traditionell im Vordergrund, nicht der Sonnenuntergang auf der Terrasse.
Selbstversorgung und Autarkie
Wasser aus dem eigenen Brunnen, Strom von der Solaranlage und Salat aus dem Hochbeet – echte Finca-Bewohner*innen sind Überzeugungstäter. Der Wunsch nach Autarkie prägt das Leben hier stärker als jeder Reisekatalog.
Ein Blick zurück: Die Geschichte der Finca
Auf den Kanarischen Inseln war die Finca über Jahrhunderte der Lebens- und Arbeitsmittelpunkt vieler Familien. Sie war Hof, Heimat, Werkstatt und Lebenssicherung in einem. Insbesondere im Inselinneren oder an den Berghängen prägten diese Landgüter das Landschaftsbild. Landwirtschaft war Handarbeit – und das Leben auf einer Finca war, gelinde gesagt, kein Instagram-Idyll.
Mit dem wirtschaftlichen Strukturwandel und dem Tourismusboom ab Mitte des 20. Jahrhunderts verloren viele Fincas ihre ursprüngliche Funktion – und wandelten sich nach und nach zu Ferienanlagen, Rückzugsorten oder Öko-Resorts.
Kulturelle Bedeutung: Zwischen Erbe und Lebensphilosophie
Fincas sind mehr als nur Immobilien – sie sind Orte gelebter Tradition, familiärer Verbundenheit und regionaler Identität. Viele wurden über Generationen weitergegeben. Sie erzählen Geschichten – von Dürrezeiten, von gemeinschaftlicher Ernte, von Hochzeiten unter Mandelbäumen.
Wer heute auf einer Finca lebt – ob als Einheimischer oder Zugezogener – wird Teil dieser Erzählung. Mit Respekt für die Geschichte. Und ja: mit viel Arbeit.
Moderne Spielarten der Finca
Die klassische Finca
Sie ist selten geworden, aber es gibt sie noch: familiengeführte Fincas, die im Rhythmus der Jahreszeiten leben. Oliven, Papayas, Wein, Ziegen – was wächst, wird verarbeitet. Kein Luxus, aber viel Authentizität.
Die designte Finca
Die „moderne Finca“ ist oft ein renoviertes Anwesen, das architektonisch aufpoliert wurde: Infinity-Pool trifft Natursteinmauer. Nachhaltig soll es sein, stilvoll sowieso – nicht selten wird hier zwischen Bürojob und Tomatenpflanzen gependelt.
Die Öko-Finca
Hier geht es um Nachhaltigkeit mit Prinzipien: Permakultur, biologische Vielfalt, Kompost-Toilette und Solarpanel. Oft auch mit sozialem oder pädagogischem Anspruch. Ein Ort für Retreats, Workshops und Idealismus.
Und was ist mit der "Finca mit Meerblick"?
Hand aufs Herz: Der Begriff Finca wird im deutschen Sprachgebrauch inzwischen sehr großzügig ausgelegt. Die gemütliche Casita im Grünen, ein hübsches Ferienhaus auf 800 Quadratmetern Grundstück oder sogar ein Apartment mit Terrassenpflanze wird gern als „unsere Finca“ bezeichnet – am liebsten beim Erzählen unter Freunden im Heimatort.
Ist das schlimm? Nein, nicht wirklich. Aber es ist eben etwas anderes. Und wer einmal eine echte Finca im ursprünglichen Sinne besucht hat – vielleicht bei einem Glas selbstgemachten Vino del País im Schatten eines Feigenbaums –, spürt den Unterschied.
Finca heute: zwischen Herausforderung und Hoffnung
Erhaltung & Sanierung
Alte Fincas zu erhalten, ist nicht romantisch, sondern oft aufwendig: Feuchtigkeit, Genehmigungen, Denkmalschutz, Finanzierung – der Weg zur traumhaften Finca ist lang. Und teuer.
Landwirtschaftliche Realität
Von der Selbstversorgung allein lebt heute kaum noch jemand. Viele Besitzer verbinden Tourismus mit Landwirtschaft oder konzentrieren sich auf Nischenmärkte (z. B. biologische Feigen oder Aloe Vera).
Klimawandel
Dürre, Wassermangel und Bodenerosion sind auch auf Teneriffa ein Thema. Nachhaltige Bewirtschaftung, Wassermanagement und Bodenschutz werden immer wichtiger.
Mehr als nur ein Stück Land
Eine Finca ist kein Statussymbol – sie ist eine Verpflichtung. Und ein Geschenk. Wer sie besitzt, lebt mit und nicht nur auf dem Land. Wer sie bewohnt, übernimmt Verantwortung für Natur, Geschichte und Zukunft.
Und wer davon spricht, sollte sich bewusst sein: Zwischen „Ferienhaus mit Avocadobaum“ und „lebendiger Landwirtschaftstradition“ liegt mehr als ein stilvolles Interieur. Vielleicht ist das auch gar nicht schlimm – solange man weiß, was man meint, wenn man von der eigenen Finca erzählt.
Zum Weiterlesen und Recherchieren
- Gobierno de Canarias: Rural Development Programmes
- Cabildo de Tenerife – Landwirtschaft und Nachhaltigkeit: www.tenerife.es
- Buch: Fincas y Agricultura en Canarias (Verlag Ediciones Idea)
- Erfahrungsberichte & Netzwerke: www.fincaviva.org
- Beispielprojekte nachhaltiger Fincas auf Teneriffa: www.ecofincacanarias.org
Was bedeutet der Begriff „Finca“ ursprünglich?
Im Spanischen bezeichnet „Finca“ ursprünglich ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück oder Anwesen – keine Ferienimmobilie.
Welche Merkmale hat eine traditionelle Finca auf Teneriffa?
Sie liegt in ländlicher Umgebung, besteht aus Naturmaterialien, wird landwirtschaftlich genutzt und verfolgt oft ein selbstversorgendes Konzept.
Kann jedes Haus mit Garten als Finca bezeichnet werden?
Nein, viele sogenannte Fincas sind eigentlich Ferienhäuser oder renovierte Landhäuser – ohne aktiven Landwirtschaftsbezug.
Welche Geschichte haben Fincas auf Teneriffa?
Über Jahrhunderte waren sie Lebensmittelpunkt vieler Familien, mit Handarbeit, Tierhaltung und landwirtschaftlicher Produktion.
Was ist der Unterschied zwischen einer klassischen und einer modernen Finca?
Die klassische Finca lebt von Eigenanbau und Tradition, moderne Varianten setzen oft auf Design, Komfort und touristische Nutzung.
Was versteht man unter einer Öko-Finca?
Eine Öko-Finca folgt nachhaltigen Prinzipien wie Permakultur, Solarenergie und ökologischer Landwirtschaft – oft mit Bildungsanspruch.
Warum ist die Sanierung alter Fincas herausfordernd?
Wegen baulicher Substanz, Genehmigungen, hoher Kosten und dem Anspruch, traditionelle Elemente zu erhalten.
Welche Rolle spielt der Tourismus bei Fincas heute?
Viele Fincas kombinieren Landwirtschaft mit touristischen Angeboten wie Ferienvermietung oder Retreats.
Welche klimatischen Herausforderungen betreffen Fincas?
Dürre, Wassermangel und Bodenerosion machen nachhaltige Bewirtschaftung und Wassermanagement notwendig.
Was unterscheidet eine echte Finca von einem Ferienhaus?
Eine echte Finca hat landwirtschaftlichen Charakter und kulturellen Hintergrund, während ein Ferienhaus meist zur Erholung dient.
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